Warum ich Ostern in Italien so vermisse Mrz 18, 2024 | in Allgemein, Blog“Natale con i tuoi, Pasqua con chi vuoi ” – Weihnachten mit deiner Familie, Ostern mit wem du willst – ein typisches italienisches Sprichwort. Da ich mehrere Jahre in Italien gelebt habe, konnte ich einige Male Ostern im Kreis italienischer Familien und Freunde verbringen. Der große Unterschied zu den nördlich der Alpen gelegenen Länder ist die Wichtigkeit des Osterfestes, das in Italien doch um einiges intensiver gelebt wird. Neben den religiösen Aspekten bietet Ostern auch die Gelegenheit, mit Freunden und Verwandten viele schöne Stunden bei reichlichem und mit viel Zeit und Liebe zubereitetem Essen zu verbringen. Stundenlang kann sich so ein Sonntags-Mittagessen hinziehen, vielleicht unterbrochen von einem kleinen Verdauungsschläfchen. Ich sehe noch lebhaft das Bild einiger älterer Verwandten vor mir, die nach dem Essen leise schnarchend auf Sofas liegend die übrigen Anwesenden erheitert haben. Vor allem, wenn ein Toupet verrutschte oder die sorgfältig gekämmte Haarpracht in alle Richtungen abstand. In vielen Orten beginnen die Feierlichkeiten bereits während der Karwoche und finden ihren Höhepunkt am Ostersonntag. So werden Marienstatuen durch den Ort getragen, die Prozession der “Addolorata” (der Schmerzensmutter), was besonders in Süditalien sehr beeindruckend sein kann. In Taranto beginnt bereits am Donnerstag morgen die Bruderschaft del Carmine, mit Kapuzen verhüllt, mit nackten Füßen und langen Stöcken die symbolische Pilgerfahrt nach Jerusalem. Diese Osterrituale stammen noch aus der Zeit der spanischen Herrschaft der Aragonen in Apulien (2.Hälfte des 15.Jh). So kann man auch in Sevilla in der Osterwoche Kapuzenträger bei Prozessionen bestaunen. Der “Scoppio del Carro” in Florenz ist ein ganz besonderes Erlebnis. Auf einen Wagen, “Brindellone” genannt, wird ein pyrotechnischer Turm durch die Altstadt gefahren und zwischen Dom und Baptisterium aufgestellt. Der Erzbischof entzündet um Punkt 11 Uhr am Ostersonntag eine Rakete, die an einem Seil durch den Dom hindurch bis zum Wagen gezogen wird, der daraufhin in Flammen und Explosionen aufgeht. Dies ist die älteste Tradition von Florenz, seit über 9 Jahrhunderten jedes Jahr wiederholt. Sie geht auf die Zeit der Kreuzzüge zurück und soll an einen mutigen Befehlshaber, Pazzino de’Pazzi, erinnern. Pazzino marschierte als erster in das zu erobernde Jerusalem ein, erklomm die Stadtmauern und hißte das christliche Banner. Zurückgekehrt nach Florenz wurde er mit großem Jubel empfangen und die Tradition aus Jerusalem, nämlich die Verteilung des ” Heiligen Feuers” an das Volk nun in etwas anderer Form bis heute weitergeführt. Ein Besuch der Ostermesse in Assisi ist für mich in bleibender Erinnerung geblieben. Die Basilika ist mit herrlichen Fresken verziert, Weihrauchduft durchzieht die Gewölbe, eine ganz eigene Stimmung legt sich auch auf Besucher, die vielleicht nicht gläubig sind. Dem Zauber einer Ostermesse in Italien kann man sich nur schwer entziehen! Neben dem obligatorischen Besuch der Ostermesse liegt ein weiterer Schwerpunkt, wie bereits erwähnt, beim Essen. Am Ostersonntag gibt es meist ein Gericht mit Lamm, sei es Eintopf mit Innereien (“Coratella”), Lamm gebraten oder gegrilltes Lamm. Klassiker sind auch Lasagne und Parmigiana di Melanzane. Sehr beliebt auch die “Grigliata mista“. Alles, was das Grillerherz begehrt: Schweinskoteletts, Würstel, saftige Steaks vom Rind, feinste Stücke vom Lamm oder vom Zicklein, viel Gemüse, begleitet von frischen Salaten. Auf dem Land ist selbst gepflückte wild wachsende “misticanza” beliebt: bis zu 20 verschiedene Sorten von Kräutern, Gräsern und Salaten werden kombiniert. Allerdings sollte man schon wissen, was man auf den Wiesen so pflückt -daher übernimmt diese Arbeit meist eine gut informierte “Nonna” (Großmutter). In Italien kann es zu Ostern schon sehr warm sein und wenn es irgendwie möglich ist, wird im Freien gegrillt. Wenn in der Verwandtschaft 4 Brüder gemeinsam als Fleischhauer arbeiten, kann man sich die Mengen an Fleisch vorstellen, die vor meinen Augen auf den Grill geworfen wurden. Gerne begleitet von einem guten Glas Rotwein und vielen Scherzen. Familienleben pur ! Natürlich hat jede Region ihre eigenen Süßspeisen für Ostern. Besonders beliebt die “Pastiera Napoletana“, ein flacher Mürbteigkuchen mit Ricotta, gekochten Weizenkörnern, kandierten Früchten und Orangenblüten-Essenz. Leider ist es ziemlich mühsam “Grano Cotto” bei uns zu finden, Weizenkörner schon vorgekocht – eigens für die Pastiera. Es empfiehlt sich, beim Italienurlaub schon mal danach Ausschau zu halten! Als krönender Abschluß darf in ganz Italien die “Colomba di Pasqua“ nicht fehlen, der Osterkuchen aus Germteig mit kandierten Früchten und Mandel-Zuckerglasur . Ostermontag, “Pasquetta” (kleines Osterfest) genannt, ist der Tag der Ausflüge und Picknicks. Gesalzene Torten wie die “Casatiello” oder die “Torta Pasqualina” bereits am Vortag gebacken, gehören dazu, ebenso wie gekochte Eier, Scheiben von Capocollo (wie Prosciutto gereifter Schweinsnacken), Fave (Saubohnen) und Pecorino (Schafkäse). Casatiello ist ein gesalzener Kuchen aus Germteig, gefüllt mit Salami, Käse, Schinken und je nach Vorliebe auch Salsiccia, Spinat, Mangold etc. Ganze Eier werden in diesen Kuchen miteingebacken, mit überkreuzten Bändern aus Teig festgehalten. Hier gehts zum Rezept ! Zahlreiche, oft unterschiedliche Traditionen begleiten das Osterfest in Italien. Wichtig ist für alle Italiener aber das Miteinander, ob mit Freunden, der Familie oder der Dorfgemeinschaft. An den Osterhasen 🐇 glaubt man in Italien allerdings nicht, der bleibt lieber nördlich der Alpen.Buona Pasqua – fröhliches Osterfest ! ….. ich glaube, ich bin dann mal weg 😉